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Theater an der Ruhr

Das Theater an der Ruhr wurde 1980 als alternatives Modell, als ein Ensembletheater neuen Typs gegründet. Es war der Versuch, eine ganz eigene Antwort auf die bis heute andauernde Debatte um die Strukturen in der vom Stadttheater dominierten Theaterlandschaft in Deutschland zu finden.

Alles anders seit der Spielzeit 23/24

Wir haben ein neues Kapitel in der über vierzigjährigen Geschichte des Theater an der Ruhr aufgeschlagen – und schreiben diese Geschichte fort, im Zeichen eines radikalen Wandels. Mit Beginn der Spielzeit 23/24 hat das Theater an der Ruhr zu drei konzentrierten Theaterereignissen eingeladen, die unter der Überschrift eines die ganze Spielzeit prägenden Themas standen: Damit beschreitet das Theater einen völlig neuen, radikalen Weg in Deutschlands Theaterlandschaft. Wir haben uns intensiv mit dem Thema RAUSCH beschäftigt und dabei sind drei erhellende und bisweilen buchstäblich rauschhafte Spielinseln entstanden, die gerade auch durch unsere Zuschauer zu unvergesslichen Erlebnissen wurden.

In der Spielzeit 24/25 werden wir dieses Konzept fortführen. Nach den Sommerferien wird es ab 23. August 2024 erneut ein mehrwöchiges Open-Air-Fest geben, mit zwei Premieren sowie Konzerten, Workshops, Diskursen und vielen weiteren spannenden Programmpunkten. Anfang 2025 startet die nächste Spielinsel in den Räumlichkeiten des Theaters, hier inszenieren Philipp Preuss, Roberto Ciulli und das italienische Kollektiv Anagoor. Das Rahmenprogramm wird das ganze Theater umspannen, von der Tischlerei im Keller, bis zum Fundus auf dem Dachboden. Weiter geht es im Sommer 2025, wir nutzen die späten Ferien und können wieder Open-Air spielen.

Diese drei Theaterinseln sind konzentrierte, aber verspielte Gefüge von künstlerischer Arbeit und gesellschaftlichem Austausch. Sie sollen uns untereinander in Kontakt bringen und das Haus als kollektiven Denk- und Begegnungsraum neu verorten. Welche tiefergehenden Phänomene, Prägekräfte und Sehnsüchte an die Oberfläche unseres Miteinanders dringen, möchten wir zusammen mit Ihnen erkunden.

 

 

Das Modell

Für die Gründer Roberto Ciulli, Helmut Schäfer und Gralf-Edzard Habben standen drei wesentliche Gedanken im Zentrum: Das Primat der Kunst gegenüber dem Apparat, die Idee des Ensembles, das alle Mitglieder des Theaters einschließt, mit gleichen Verträgen und der Idee des Reisens im Zentrum. Das Theater ist inzwischen in mehr als 50 Ländern gewesen und hat Künstler:innen aus diesen Ländern nach Europa und Mülheim geholt.

Der Sitz des Theaters im historischen Jugendstilgebäude am Raffelbergpark ist heute ein Ort für zeitgenössisches Theater und Kunst, der sich modischen Trends entzieht und offene, mehrsprachige Diskurse und internationale Begegnungen stiftet – ein gesellschaftlicher Denkraum der Diversität und der Teilhabe. 

2001 wurde Sven Schlötcke Geschäftsführer, Dramaturg und Mitglied der künstlerischen Leitung. Er etablierte langfristig angelegte partizipative Projekte, wie die generationsübergreifende Bürgerbühne VOLXBÜHNE und einen Arbeitsbereich mit professionellen Projekten für Kinder und Jugendliche sowie kontinuierliche Kooperationen und Koproduktionen mit internationalen und nationalen Künstler*innen und Institutionen.

In der Spielzeit 2019/20 wurde der Regisseur Philipp Preuss, der u.a. an der Schaubühne Berlin, am Schauspiel Leipzig oder am Volkstheater Wien inszenierte, Teil der künstlerischen Leitung neben Sven Schlötcke und Helmut Schäfer. Seine Arbeiten zeichnen sich vor allem durch eine hohe Interdisziplinarität aus, wobei auch Bezüge zur bildenden Kunst prägend sind. Er hat die Umstellung auf die neue Spielzeitstruktur des Hauses wesentlich angeregt und mitkonzipiert. 

Das Modell der kollektiven künstlerischen Programmarbeit wurde im Zuge eines allmählichen Generationswechsels weiterentwickelt. Anstelle der bisherigen künstlerischen Leitung hat sich ab Sommer 2024 das künstlerische Programmteam etabliert, dem die Produktionsleiterin Kara Handgraaf sowie die Dramaturg:innen Constanze Fröhlich, Helmut Schäfer, Sven Schlötcke und Alexander Weinstock angehören. Zudem ist hier in regelmäßigen Abständen eine Vertreter:in des Ensembles beteiligt. Darüber hinaus wird die Arbeit des künstlerischen Programmteams von einem rotierend arbeitenden „Outside Eye“ begleitet, um die künstlerische Arbeit und Entwicklung aus einer nicht ständig beteiligten Perspektive regelmäßig zu reflektieren. Alle zentralen künstlerischen Entscheidungen werden in Abstimmung mit dem künstlerischen Geschäftsführer Sven Schlötcke kollektiv getroffen.

Anknüpfend an wesentliche Ideen der Gründung, wie etwa einer konzentrierten programmatischen Arbeit, sind seit der Spielzeit 2023/2024 thematische Zyklen Zentrum der Arbeit, die den klassischen Repertoirebetrieb abgelöst haben. Drei jeweils mehrwöchige „Theaterinseln“ mit mehreren Theaterprojekten, Diskursen, Workshops, bildender Kunst und anderen teilhabeorientierten Formaten zu einem die Spielzeit überspannenden Thema bestimmen die inhaltliche und ästhetische Forschungsarbeit. In den Zwischenzeiten rücken zielgruppenorientierte Projekte in den Fokus, wie internationale Reihen oder Projekte für Kinder und Jugendliche.

Bei aller Unterschiedlichkeit sind die Aufführungen des Theater an der Ruhr von der Idee des Ensembles getragen, der kollektiven Intelligenz, und verstehen sich als politisch im Sinne eines kommunikativen, öffentlichen Vorgangs, dessen Wesen eher im Traum – in den Entwürfen von Welten, die im Tagespolitischen nicht zu finden sind – besteht.

Der Ort

Seinen Sitz hat das Theater an der Ruhr in einem ehemaligen Solbad im Raffelbergpark an der Stadtgrenze von Mülheim an der Ruhr. Es ist ein Ort der Begegnung, des Dialogs, ein Haus, das offen ist für jeden und jede. Das Foyer wandelt sich permanent vom Ausstellungsraum zum Ort für Empfänge oder zum Treffpunkt für ein junges Publikum. Menschen aus aller Welt und aller Altersstufen kommen hier zusammen und machen das Haus zu einem lebendigen Ort des gegenseitigen Kennenlernens und des Austauschs.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Solbad auf den Ländereien des historischen Hofguts Raffelberg erbaut. Das Theater an der Ruhr bezog 1981 das Kurhaus und nutzte den alten Kursaal als Aufführungsstätte. Von 1994 bis 1997 wurde das denkmalgeschützte Haus saniert und zu einer festen Spielstätte umgebaut. Heute bietet der Theatersaal Platz für 200 Zuschauer:innen, ca. 50 feste Ensemblemitglieder arbeiten in den Räumen des ehemaligen Kurhauses. Das Theater im Raffelbergpark entwickelte sich seit seiner Wiedereröffnung zu einem für das Ruhrgebiet einzigartigen Kulturort, der sich durch sein historisches Ambiente in der unter Denkmalschutz stehenden Parklandschaft und durch sein inhaltliches Angebot als das „andere“ Theater in der Region und deutschlandweit etabliert hat.