Kein Plan (Kafkas Handy) (UA)
Kathrin Röggla
Vier Geschwisterkinder auf der Rückbank eines Autos, auf dem Weg durch eine immer diffusere Wirklichkeit: Ist es ein Familienausflug? Ein Gerichtstermin? Eine niemals ihr Ziel erreichende Irrfahrt? Ausgehend von den verschlungenen literarischen Welten Franz Kafkas unternimmt Kathrin Röggla in ihrem neuen, eigens für das Theater an der Ruhr verfassten Stück eine ganz eigene Landvermessung: Sie führt in einem dunklen Roadmovie durch die Räume, Prozesse und Strukturen von Kreisen, die sich von der liberalen Demokratie abgewandt haben und nicht mehr erreichen lassen.
Auf der Suche nach ihren Eltern begegnen die vier Kinder einer zunehmend unbehaglichen Umgebung und entfalten in ihren geschwisterlichen Dynamiken dabei mitunter eine Komik, die einem das Lachen im Halse stecken bleiben lässt. Schließlich geraten sie nicht nur immer stärker in Kontakt mit den behaupteten Realitäten abstruser Verschwörungserzählungen, sondern auch mit der konkreten Bedrohlichkeit, die sie entfalten. Philipp Preuss lotet in seiner Inszenierung in diesem Sinne einen verunsichernd schmalen Grat aus zwischen Kinderspiel und radikalen Gedankenwelten, die auf Verwirklichung drängen.
Im Anschluss an die Premiere laden wir alle Gäste herzlich zur Premierenfeier mit Musik des Ensembles ein.
Am Fr, den 21.02. findet im Anschluss an die Vorstellung ein Nachgespräch mit Autorin Kathrin Röggla statt. Die Food Performance von Jasmine Parsley bildet den Rahmen für das Gespräch.
Informationen
Premiere
20.02.2024
Dauer
1 Stunde, 40 Minuten
Ort
Theater an der Ruhr
Akazienallee 61
45478 Mülheim an der Ruhr
Team
- Philipp Preuss
Regie - Sara Aubrecht
Bühne - Eva Karobath
Kostüm - Konny Keller
Video - Kornelius Heidebrecht
Musik - Alexander Weinstock
Dramaturgie - Sarah Wessels
Regieassistentin - Uwe Muschinski
Ton - Roni Kalkan
Licht - Felix Harthan
Requisite - Marion Leinders
Maske - Fee Brünnen
Hospitantin - Timofii Lada
Hospitant
Stimmen
Martina Jacobi, Die deutsche Bühne:
"Dieser orientierungslose Roadtrip eignet sich wunderbar als abstraktes Bild, um ein Raum- und Zeitgefühl aufzulösen. […] Das facettenreiche Spiel von Fabio Menendez, Lea Reihl, Marie Schulte-Werning und Joshua Zilinske zieht dabei gut mit."
Stefan Keim, WDR:
"Es ist ein zutiefst politisches Stück – großartig und fein nuanciert dargestellt – präzise Textregie – beeindruckende Bühnenwelt […]."
Stefan Keim, Deutschlandfunk Kultur:
"Man muss ständig dechiffrieren und mitdenken - aber genau das hat an diesem Abend großen Spaß gemacht."
Stefan Keim, Theater der Zeit:
"Kathrin Röggla hat eine stark gebundene, rhythmische, feine Sprache, die ständig die Tonalität wechselt. Fabio Menéndez, Marie Schulte-Werning, Joshua Zilinske und Lea Reihl spielen mit großer Aufmerksamkeit und Durchlässigkeit. Man spürt, wie genau sie mit Regisseur Philipp Preuss an dem komplexen Text gearbeitet haben. Während Kornelius Heidebrecht eine pulsierende, subkutan Impulse setzende Musik komponiert hat.„Kein Plan (Kafkas Handy)“ ist eine sehr produktive politische Verstörung, ein Stück mit viel Diskussionspotenzial."
Andrea Müller, WAZ:
"Das ungute Gefühl, das sich in vielen von uns angesichts politischer Ereignisse und gesellschaftlicher Entwicklungen eingenistet hat, breitet sich auch bei der Uraufführung von "Kein Plan (Kafkas Handy)" von Kathrin Röggla im Theater an der Ruhr schnell aus. Das liegt an einem Text, dessen starke Dialoge sofort das Kopfkino in Gang setzen. Aber auch an virtuos agierenden Schauspielern […] und einer Regie […], die mit multimedialen Mitteln Inhalte treffsicher auf den Punkt bringt und diverse Stimmungen zu schaffen vermag. Das Regie-Team übersetzt den Text in packende Bilder: hinter spießigen Fenstern werden Verschwörungstheorien geboren, ein Windrad verweist auf das Leugnen des Klimawandels. Stark: Ein Wutbürger wird in der Wahrnehmung der Kinder zum zähnefletschenden Hund. Eindringlich: Die Kinder tragen plötzlich Kostüme, die mit Symbolen der rechten Szene versehen sind. Aus dem Kinderspiel wird ein Symbol für Hass und Gewalt."