Doppelvorstellung „Anarchie und Sehnsucht“
Das eingebildete Tier (DEA) & Ein anderes Blau (UA)
„Lange hat man das Theater an der Ruhr nicht mehr derart opulent erlebt.
Auf nach Mülheim, man muss es erlebt haben.“ (Die deutsche Bühne)
Die beiden Inszenierungen Das eingebildete Tier und Ein anderes Blau sind gemeinsam entstanden: In ihrer Komplementarität verweisen sie aufeinander und sind dennoch auch einzeln erlebbar. Aufgrund dieses Zwillingscharakters sind sie an einigen Tagen als Doppelvorstellungen zu sehen. Eine gemeinsam verbrachte Pause, in denen wir das Publikum zu Brot & Suppe und auf ein Getränk einladen, verbindet an diesen Tagen die beiden Inszenierungen zu einem besonderen Ereignis.
Unten auf dieser Seite können über die Kartenlinks ausschließlich Tickets für die Doppelvorstellungen gekauft werden. Für den Besuch einer Einzelvorstellung begeben Sie sich bitte auf die jeweilige Stückseite: Das eingebildete Tier oder Ein anderes Blau.
Ein aberwitziges Sprach-Spektakel, das wieder Schwung in die festgefahrenen Verhältnisse bringen will, wird von Schweigen und Innehalten beantwortet und endet im gemeinsamen Gesang. Ekstase trifft auf Stille, wilde Entäußerung auf Meditation. Saukomisch und hundetraurig. Ein Ensemble, ein Raum, ein Musiker, und zwei Regisseurinnen, die sich künstlerisch begegnen und mit dem Ensemble nach Möglichkeiten suchen, der Gewalt einer beschleunigten Gegenwart sehr unterschiedliche, utopische Feste des Spiels entgegenzustellen.
Das eingebildete Tier (DEA)
Ein ekstatisches Menschheits-Spektakel von Valère Novarina
aus dem Französischen von Leopold von Verschuer
Regie: Julie Grothgar
Menschen. Tiere. Chaos. Wilder Zirkus. Licht und Vergnügen. Aufstand. Veränderung. Valère Novarinas Texte sind wahre Höllen-Mixer, um das nicht endende Abenteuer Sprache als eigenständig wirkende Kraft erlebbar zu machen – welthaltig und voll von unbändigem Witz. In Frankreich der große Theatermensch der Gegenwart, mit wochenlang ausverkauften Theaterhäusern im ganzen Land, ist Novarina für das deutsche Theater immer noch eine Entdeckung. Grund genug, hierzulande erstmals ein großes Stück des außergewöhnlichen Autors und Theatermachers aufzuführen!
Der Mensch verfügt über ein sehr besonderes Instrument, das ihn vor allen anderen Lebewesen zum Meister der Utopie macht: Aus seinem Mund sondert er unablässig Sprache ab, mit der er das Unmöglichste und Aberwitzigste auszudrücken vermag. Sein Sprechen holt alles herbei, was es (noch) nicht gibt. Mit der Sprache stemmt sich dieses „eingebildete Tier“, das er ist, mit aller Wucht gegen den Tod: Der unaufhörlichen Bedrohung durch das Nichts setzt er ALLES entgegen und lädt uns dazu ein, ihm auf der Bühne dabei zuzusehen, wie aus der Einbildung noch nie gehörte Laute, Töne und Wörter entstehen.
Der große französische Theatermensch Molière schrieb und spielte den „eingebildeten Kranken“ bis zu seinem echten Tod auf den Brettern, die, wie es oft heißt, „die Welt bedeuten“. In einem aberwitzigen und absurden Reigen versammelt sich nun im Theater an der Ruhr eine sehr lebendige Truppe von neun Spieler*innen – und zeigt uns die ganze Kraft des „eingebildeten Tiers“: Tänzerisch und musikalisch, verzweifelt und komisch liefern sie sich der Sprache aus und lassen so eine Welt entstehen, die wir noch nie gesehen und gehört haben – eine Utopie.
Ein anderes Blau (UA)
Regie: Charlotte Sprenger
Zu Beginn von Novalis’ Romanfragment Heinrich von Ofterdingen träumt der junge Heinrich von einer Blauen Blume, welche zu dem zentralen Sehnsuchtsmotiv der Romantik wurde. Sie symbolisiert das Streben nach Erkenntnis der Natur und - daraus folgend - des Selbst. Später vermenschlicht sich die Blaue Blume in Heinrichs Begegnung mit Mathilde. Die beiden verlieben sich und begleiten sich von diesem Augenblick an über die Schwellen des Realen und über den Tod hinaus.
„Ein anderes Blau“ nimmt sich dieser Symbolik an und versetzt sie in die Gegenwart. Kann man der Depression und Untergangsangst dieser Gegenwart mit schwellenüberschreitender Fantasie begegnen?
Eine Gruppe von Menschen, mit nichts ausgestattet als ihren Körpern, unternimmt eine Reise durch die letzte Stunde ihrer Existenz. Sie suchen das andere Blau im Meer, im schönen Tod, in der politischen Aktion, in der Umarmung, in der Empathie und in der Gesellschaft miteinander. Gemeinsam scheitern sie an den Schwellen ihrer Existenz, gemeinsam überschreiten sie sie und träumen sich in ein Paradies.
Wann werden die Versuche des Menschen, dem Tod mit Technologie zu begegnen, wie es heute wieder von Tech-utopischen Manifesten gefordert wird, lächerlicher erscheinen, als der romantische Aufruf, Tod, Abschied und Sehnsucht zu umarmen? Im Angesicht des Todes der Zivilisation, der Klimakatastrophe, möchte der Abend zum Abschiednehmen aufrufen - nicht in Melancholie, sondern als Aufruf zur Zusammenarbeit.
Als Antwort auf den Abend „Das eingebildete Tier“ konzipiert, welcher den verzweifelten Versuch des Menschen sich durch Sprache auszudrücken thematisiert, fragt „Ein anderes Blau“ nach dem Moment, in dem auch das Kleid der Sprache fällt und entwickelt seine Erzählung fast allein aus der Präsenz der Körper.
Informationen
Ort
Theater an der Ruhr
Akazienallee 61
45478 Mülheim an der Ruhr
Mit dem Kauf einer Karte für diese Vorstellung haben Sie Zugang zum gesamten Rahmenprogramm an diesem Tag.
Interview mit Julie Grothgar und Charlotte Sprenger
Die beiden Regisseurinnen der Stücke „Ein anderes Blau“ und „Das eingebildete Tier“ im Gespräch mit den Dramaturg*innen Constanze Fröhlich und Alexander Weinstock.
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Stimmen
Dorothea Marcus, DLF Kultur:
„Im kleinen Theater in Mülheim an der Ruhr wird alles getan, um den Zuschauer:innen ein Transformationserlebnis zu bieten. Denn ohne innere Verwandlung wird so etwas wie Utopie niemals real stattfinden.“
„Der Doppelabend im Theater an der Ruhr zeigt Variationen auf die Endlichkeit – und wie wir die Zeit dazwischen verbringen.“
Max Florian Kühlem, nachtkritik:
„Da fallen, rutschen oder klettern zehn Darsteller;innen durch einen mit einer Trittleiter ausgestatteten Versorgungs- oder Geburtskanal auf die Bühne und spielen mit der Sprache, dass es nur so eine Lust ist.“
Andrea Müller, WAZ:
„So unterschiedlich der Ansatz der beiden Produktionen ist – jede findet am Premierenabend ihre Fans und reichlich Beifall.“